Die Geschichte von Freddy

Am Samstag war ein großer Tag für uns. Seit Wochen waren wir schon nicht mehr als Familie aus dem Haus gekommen und da die "Stay at Home Order" mit Freitag Mitternacht hier aufgehoben worden ist, haben wir uns einen Pick Up gemietet, um noch mehr Bretter für weitere Hochbeete zu kaufen. Leider war es sehr kalt und es schneite an und ab schon mal.

Gesagt getan, diesmal hat der Ornithologe sogar das Auto bekommen, da er jetzt auch eine amerikanische Kreditkarte hat. (Die letzten zwei Mal - vor Corona - hat das nämlich nicht hingehauen)


Wir waren, gelinde gesagt, etwas geflasht von der Größe des Autos... unser Bus hätte da locker reingepasst. Ein 2020 Ford Super Duty durfte unsere Bretter herumfahren ;-)
Die Kinder waren extrem erfreut, dass sie wieder mal in ein Geschäft durften und waren wirklich sehr brav im Heimwerkerladen mit ihren Gesichtsmasken (die sie das erste Mal aufhatten!). Die beiden waren ja wirklich seit über 2 Monaten schon nirgends mehr gewesen, außer auf Spaziergängen und Radtouren.

Danach ging's zum Pflanzen abholen, die wir bei einem Unikollegen bestellt hatten. Tomaten, Kohlrabi etc. nahmen zwischen den Kindern auf der Rückbank platz und wurden ebenso nach Hause geliefert.

Dann kurz Mittagsjause und schon ging's wieder los. Diesmal wollten wir zu einer kleinen Gärtnerei, die den ersten Tag wieder offen hatte und zu einer Art Reformhaus, um dort Mehl zu kaufen.

Auf dem Weg dorthin kamen wir an eine Kreuzung und beim Abbiegen mussten wir für eine Entenfamilie stehen bleiben. Die Ente hatte 9 Küken hinter sich und ging langsam über die Straße. Da sagte der Ornithologe schon das erste Mal "O-Oh"! Und wirklich. Die Ente sprang mühelos auf den Gehsteig, aber die Küken schafften die Höhe nicht und begannen, sich links und rechts der Straße aufzuteilen... und auf beiden Seiten waren große vergitterter Kanaldeckel mit recht weit auseinanderstehenden Metallstäben. Ihr könnt euch vorstellen, was passiert ist. Richtig! Die Küken fielen in den Kanal, oder wurden vom eisigen Wind regelrecht hineingeblasen. Der Ornithologe sprang natürlich gleich in Aktion und rettete noch 4 Küken vor dem Fall, aber die restlichen 5 waren im Kanal gefangen. Ein nachkommender Autofahrer war auch ausgestiegen und der half dem Ornithologen den Kanaldeckel aufzuwuchten, aber die Küken waren verängstigt schon in die Kanalröhren geflüchtet und waren nicht zu sehen. Die Entenmama war auch schon mit ihren restlichen 4 Küken über alle Berge. Seufz.

Ratlos standen wir da und da wir nichts weiter tun konnten, fuhren wir mal weiter um unsere Einkäufe zu erledigen. Auto haben wir ja nicht jeden Tag, das mussten wir ja weiterhin ausnutzen.

Wir besorgen also Kräuter und Mehl, aber im Hinterkopf vom kleinen Herrn und mir waren die piepsenden Küken immer präsent.

Beim Zurückfahren haben wir uns dann entschieden, nochmal bei der Stelle vorbeizufahren und was soll ich sagen - die Küken waren wieder beim Kanaldeckel aufgetaucht! Die Mama war nirgendwo mehr zu sehen.
Wir wuchteten daher zwei Kanaldeckel auf und ich fand ein ausgekühltes Küken auf einem Haufen Laub, der Rest flüchtete gleich wieder in die Rohre. Wir brachten das Küken gleich zum Aufwärmen ins Auto, setzten es in ein Sackerl und versuchten weiter, die anderen Küken aus den Röhren zu bekommen.
Nach einer halben Stunde waren wir Menschen auch ziemlich ausgekühlt und wir setzten die Kinder wieder ins Auto. Natürlich war das Küken irgendwo im Auto verschwunden, das heißt wir mussten es erstmal suchen. Nach ein paar Minuten fanden wir es unter dem Fahrersitz und wir setzten es in eine meiner Hauben zwischen die gekauften Kräuter. Die Kinder nannten es gleich mal "Freddy" und wollten es natürlich behalten.
Nach einer weiteren halben Stunde gaben wir auf und fuhren nach Hause. Dort richteten wir Freddy mal eine gemütliche Box mit einer einigermaßen warmen Lampe (weil Wärmelampe haben wir natürlich nicht zu Hause) und Wasser ein und recherchierten, was man denn hier so macht, wenn man ein Wildtier findet und rettet.

Glücklicherweise steht ja alles im Internet und somit fanden wir bald eine Wildtierauffangstation, die uns auch an einen Wildtierretter vermittelte.
Matthias zeigte dem Mann dann die Stelle und die beiden versuchten, die Entchen zu retten. Nach einer Weile kam dann mal ein Polizeiauto an, der fragte, was sie da machen. Nach kurzer Besprechung sicherte er die Stelle ab. Kurz darauf kam ein zweites, dann ein drittes Polizeiauto an. Und als dann auch noch die Feuerwehr daherkam, entschloss der Ornithologe, dass er wohl nicht mehr gebraucht wird und fuhr nach Hause.
Nachdem er sich aufgewärmt hatte, lieferten wir unseren Freddy schweren Herzens bei der Wildtierauffangstation ab und da es schon recht spät war uns keiner von uns mehr kochen wollte, kehrten wir das allererste Mal seit wir in den USA sind, bei McDonald's ein.

Und dann bekam der Ornithologe die SMS mit der Nachricht, dass die Feuerwehr mit einer zusammengezimmerten Konstruktion aus Styropor und einem Zahlstab alle 4 Küken gerettet hat.

Ende gut - alles gut!






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